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Worthülse Nachhaltigkeit: Wie wichtig ist gesellschaftliches Engagement der Unternehmen?

Von Lena Seydaack

Von allen Dächern wird etwas über Nachhaltigkeit gezwitschert (oder getwittert): Nachhaltigkeit ist eines dieser bedeutungsschwangeren Alleskönner-Wörter, die vieles meinen, jedoch nichts aussagen und deshalb in jeder Imagebroschüre stehen: Es wird behauptet, nachhaltig zu wirtschaften (Stichwort Bankenkrise), nachhaltig zu konsumieren (in Bezug auf Lebensmittel, Kleidungsbedarf) und nachhaltig mit Energie- und Umweltressourcen umzugehen. Nachhaltigkeit – ein sehr dehnbarer Begriff. Der kleinste gemeinsame Nenner dieser Nomenklatur besteht wohl darin, dass wir mit Nachhaltigkeit eine verantwortungsvolle Haltung gegenüber unserer Gesellschaft und Umwelt meinen. Und auch ‚Verantwortung‘ bleibt ziemlich vage. –
Wir haben uns gefragt, wie wichtig ist dem Einzelnen das Thema Verantwortung? Was versteht er/sie unter ‚Nachhaltigkeit‘ und wie setzt er/sie sich für Umwelt und Gesellschaft ein? Welches Engagement wird von Wirtschaftsunternehmen erwartet und für wie wichtig wird privatwirtschaftliches Engagement eingeschätzt?
Stichprobenartig haben wir einige Leute zwischen zwanzig und siebzig Jahren befragt. Alle wollten anonym bleiben. Hier sind die Ergebnisse:

Was verbindest Du mit dem Begriff ‘Nachhaltigkeit’?

  • „Unter Nachhaltigkeit verstehe ich ressourcen- und umweltschonendes Wirtschaften, wenn also möglichst nicht mehr verbraucht wird als nachwächst, nicht zuletzt im Hinblick auf die Lebensmöglichkeiten nachfolgender Generationen.“
  • „Nachhaltigkeit bedeutet für mich, etwas beim Wirtschaften nicht zu verbrauchen, sondern dafür zu sorgen, dass es „nachwächst“, d.h. beim Verbrauch auch immer an die (Re-)Investition zu denken.“
  • „Nachhaltigkeit heißt für mich in erster Linie auf die Umwelt zu achten, in einer Symbiose mit ihr zu Leben und ihre Rohstoffe möglichst sinnvoll zu verwerten.“
  • „Für mich bedeutet der Begriff, so zu leben, dass die wichtigen Ressourcen für spätere Generationen nicht verbraucht werden.“

Würdest Du von Dir selbst behaupten, verantwortungsbewusst und nachhaltig zu leben? Wenn ja, wie zeigt sich das?

  • „Ich bemühe mich darum und versuche, vor allem von biologisch erzeugten Lebensmitteln zu leben, beim Kauf von Textilien auf Produktionsbedingungen zu achten und fahre i.Ü. einen Kleinwagen mit einem durchschnittlichen Verbrauch von ca.4l Kraftstoff/100km.“
  • „Nachhaltigkeit gelingt im Alltag manchmal schwerlich, etwa wenn sich keine Gelegenheit zu Reinvestition ergibt, die Sachen aber benötigt werden; dies bezieht sich aber überwiegend auf finanzielle Mittel. Dann findet ein einfaches Aufbrauchen statt. In Haushalt und Garten ist es noch am einfachsten: Mülltrennung, Kompostierung; bei jedem aussortierten Gegenstand die Überlegung, wo er noch zum Einsatz kommen könnte, oder wer ihn brauchen könnte, wenn man sich zum Abgeben entscheidet. Die Restmülltonne ist eigentlich nur die Ausnahme.“
  • „Es geht immer mehr – und ich versuche Schritt für Schritt ‘nachhaltiger’ zu sein. Sinnvoller zu essen, sinnvoller zu kaufen und sinnvoller mit der Umgebung umzugehen, in der ich mich aufhalte.“
  • „Verantwortungsbewusstsein und Nachhaltigkeit sollte vor allem in Bereichen von Konsumverhalten, Energieversorgung und -verbrauch, sowie Wohnverhältnissen, Ernährung und Fortbewegung beachtet werden. Ich selbst versuche, möglichst oft mit dem Rad und öffentlichen Verkehrsmitteln anstatt mit dem Auto zu fahren. Auch in den Urlaub bin ich bisher sehr selten, dafür aber oft mit dem Zug oder Rad gefahren – auch Fahrgemeinschaften werden oft gebildet. Ansonsten ernähre ich mich vegetarisch und versuche, biologisch angebaute Lebensmittel aus unserer Region zu kaufen. Ich muss allerdings zugeben, dass es nicht immer leicht fällt, sich für die “verantwortungsbewussten” Varianten zu entscheiden und die Versuchung, doch das Auto zu nehmen oder Obst von anderen Kontinenten oder ein paar neue Klamotten zu kaufen, groß ist.“

Wie wichtig ist es für Dich, dass sich Unternehmen für die Gesellschaft und/oder Umwelt einsetzen? Und wie sollen sie sich Deiner Meinung nach engagieren?

  • „Das hängt von der Art des Unternehmens ab. Ich halte es z.B. in der Textilproduktion für entscheidend, unter welchen Bedingungen produziert wird, wie zu angemessenen Löhnen unter menschlich vertretbaren Bedingungen, d. h. ich kaufe keine Billigshirts. Oder Lebensmittelindustrie: ich kaufe keine KZ-Hähnchen. Diese Einstellung hat ihren Preis, den ich entweder bereit bin zu zahlen oder nicht, dann verzichte ich aber komplett auf den Kauf. Bei anderen Firmen mag in der Produktion der Einsatz von Chemie eine Rolle spielen. Das Problem ist, dass Nachhaltigkeit oder Umweltschutz einfach seinen Preis hat, entweder man ist in der Lage und bereit, ihn zu bezahlen oder nicht. Und viele Menschen sind durch niedrige Preise verführbar. Aber ich bin zuversichtlich, dass hier beim Verbraucher ein Umdenken stattfindet. Unternehmen wiederum sind dem Wettbewerb ausgesetzt, und wenn die unmenschlich oder umweltschädlich produzierten Waren einfach ihre Käufer finden, müssen sich bewusstere Unternehmen u.U. fragen, wie sie ihre korrekt hergestellten, aber teureren Waren verkaufen können.“
  • „Unternehmen sollten bei der Gestaltung ihrer Produktionsbedingungen dem Schutz der Umwelt ( z.B. bei der Inanspruchnahme von Wasser, Luft, der Belastung der Umgebung mit Lärm ) Rechnung tragen. Gesellschaftspolitisch engagieren können sich Unternehmen in der vielfältigsten Weise, im Sport, kulturell , auch politisch, was nicht parteipolitisch sein muss.“
  • „Es ist mir sehr wichtig. Es sollte weniger um das Verlangen gehen (mehr) Geld zu besitzen, sondern sie sollten die Gewinne nutzen um die Umgebung zu verbessen, wenn möglich Produktionsstätten umweltfreundlich umbauen und lange gesehen sollte dies auch Gewinnen einstreichen, mit mehr motivierten Menschen in einer sauberen Umgebung, bessere Bildung und besserer Förderung von Talenten.“
  • „Das ist mir sehr wichtig, da sie je nach Unternehmen großen Einfluss haben. Oft erwecken sie leider den Eindruck, möglichst viel Kapital erreichen zu wollen, ohne dabei auf die Umwelt zu achten. Vielleicht wäre es möglich, dass ein weiterer Einblick in Unternehmen gestattet wird, sodass leichter darüber aufgeklärt werden kann, wie nachhaltig sie sich verhalten.“

Wenn Du für ein Unternehmen arbeitest oder Dich bei einem Unternehmen bewirbst, welche Rolle spielt dabei dessen Engagement für Gesellschaft und/oder Umwelt für Dich? Worauf würdest Du dabei achten?

  • „Ich würde nicht für ein Unternehmen arbeiten wollen, das wegen umweltzerstörerischer Aktivitäten kritisiert wird und keine Mühe aufwendet, die Kritik zu entkräften.“
  • „In erster Linie ist es in den meisten Fällen überhaupt erst einmal die Frage, ob man die Wahl hat. Manchmal ist es leider ein Luxus, sich das umweltbewussteste Unternehmen als Arbeitsplatz auszusuchen. Was ist die Alternative, wenn sich dort keine Möglichkeit für jemanden ergibt?“
  • „Nachhaltigkeit sollte klar im Vordergrund stehen, die Leute sollten Dinge bekommen, die ihre Lebensqualität wirklich verbessert. Keinen Schrott, den sie in 1-2 Jahren wieder auf einen neuen Stand bringen müssen.“
  • „Das würde vermutlich auf meine Situation ankommen – wäre ich auf einen hohen Lohn angewiesen, würde es mir eventuell schwer fallen, das abzuwägen. Doch normalerweise könnte ich es nicht mit mir vereinbaren, für ein Unternehmen zu arbeiten, dass der Umwelt oder Gesellschaft schadet. Ich würde vor meiner Bewerbung versuchen, mich möglichst genau über das Unternehmen zu informieren, wobei fraglich ist, wie durchsichtig diese Informationen wirklich sind.“

Was findest Du – allgemein gesprochen – wichtig: Wo und wie müssten wir alle mehr Verantwortung übernehmen?

  • „Jeder einzelne sollte für sich und seine Umgebung die Verantwortung übernehmen, sich bei möglichst jeder Handlung überlegen, ob sie zu rechtfertigen ist. Das gilt für alle Bereiche: Menschliches, Berufliches, Hauswirtschaftliches, Verkehr usw. Trotzdem muss man Kompromisse eingehen, wir müssen den Idealzustand zwar anstreben, uns aber klar darüber sein, dass er eine Utopie ist. Denn leider spielt auch die Machbarkeit eine Rolle.“
  • „Angesichts der ebenso einhelligen wie oft genug gedankenlosen Kritik an „der Politik“ und „den Politikern“ fände ich es wichtig, wenn es mehr politisches Engagement gäbe, was eigentlich die nächstliegende Konsequenz aus der Politik-Kritik wäre.“
  • „Wir sollten die Umgebung sinnvoller Nutzen, mit lokalen Nahrungsmitteln und mal mit ‘ner Runde Rad mehr. Der Fokus des Lebens sollte nicht auf das Geld gerichtet sein, sondern wir sollten das Geld nutzen, um unserer Nachwelt eine bessere Grundlage zu bieten.“
  • „Zunächst finde ich, dass mehr über die verschiedenen Faktoren von Nachhaltigkeit aufgeklärt werden muss. Jeder müsste mehr mit den Folgen von seinem Handeln konfrontiert werden und gewisse Dinge sollten generell verboten werden. Andererseits müsste nachhaltiges Verhalten erleichtert werden: Wie kann es sein, dass Flüge so billig sind, während eine Zugfahrt für eine Person oft nicht billiger als eine Autofahrt ist. Ansonsten sollte natürlich jeder auf sein Verhalten achten und öfter darüber nachdenken, ob die Bequemlichkeit umweltschädliches Verhalten verantworten kann.“